Geschichte der HCR
1906 - 1948
Zu diesem Zeitabschnitt kann man sich nur noch auf Quellen historischer Bücher beziehen. Hauptsächlich sind dies heimatgeschichtliche Bücher der Stadt Herne sowie die Ausgaben 50 Jahre und 75 Jahre Strassenbahn Herne-Castrop-Rauxel.
Wenn wir von dem Jahr 1906 als Geburtsjahr der HCR reden, dann sei nicht verschwiegen, dass bereits seit November 1894 in Herne eine Strassenbahn nach Bochum betrieben wurde. Dies oblag der "Bochum-Gelsenkirchener Strassenbahn", Herne war zu diesem Zeitpunkt noch kreisangehörig. Nachdem Herne eigenständig wurde, gründete man zusammen mit der Stadt Recklinghausen die Linie Herne - Baukau - Recklinghausen, 1898 in Betrieb gegangen. Die erste eigene Strecke vom Amtshaus Sodingen nach Herne Mitte wurde unter dem Namen Strassenbahn Herne-Sodingen der Öffentlichkeit präsentiert. Entgegen aller Befürchtungen wurden bereits im Jahr 1907 Gewinne erzielt, die Herner Bevölkerung hatte die Strassenbahn dankend angenommen. 1909 wurde expandiert, der Name der Gesellschaft in Strassenbahn Herne-Sodingen-Castrop geändert und 1910 die Strecke nach Castrop verlängert.
Am 03. Mai 1928, nach einigen Gebietsreformen, bekam die Gesellschaft den heutigen Namen Strassenbahn Herne-Castrop-Rauxel, kurz HCR. Die Jahre des 1. und 2. Weltkrieges beeinträchtigten in erheblichem Maße die Aktivitäten. Insbesondere in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges sind zahlreiche Fahrzeuge des reinen Strassenbahnbetriebes verloren gegangen.
Die Bücher belegen, dass der Strassenbahnbetrieb in Herne während des Krieges erst am 31.03.1945 vollständig eingestellt werden musste. Schon am 08.06.1945 wurde mit nur zwei betriebsfähigen Triebwagen der Personennahverkehr wieder aufgenommen. Damit war die HCR die erste Strassenbahn des Ruhrgebiets, die nach dem Krieg ihren Dienst wieder anbieten konnte. In Rekordgeschwindigkeit wurden Gleisanlagen und Stromleitungen repariert. So war bereits am 10.08.1945 wieder der gesamte Streckenabschnitt Herne-Castrop voll einsatzfähig und konnte immerhin mit 4 notdürftig hergerichteten Triebwagen aufrecht erhalten werden.
Aus dem Buch 75 Jahre Strassenbahn Herne-Castrop-Rauxel ist dazu zu entnehmen: "Die Zeit zwischen Kriegsende und Währungsreform (Anmerkung: 1948 - Einführung der Deutschen Mark) brachte zunächst einen noch nie dagewesenen Ansturm auf die verbliebenen Fahrzeuge der HCR. .... In dichten Trauben hingen die Fahrgäste an den Wagen. Kein Wunder, denn in diesen schlechten Zeiten war die Mobilität zum Überleben wichtig. "Hamsterfahrten" - offiziell zwar verboten - waren für viele Herner die einzige Möglichkeit, sich mit den notwendigsten Nahrungsmitteln zu versorgen."
1949 bis heute
1949 war ein einschneidendes Jahr für die HCR. Von der Vestischen Strassenbahn wurde ein gebrauchter Bus übernommen. Von Bus in dem heutigen Sinne kann allerdings nicht die Rede sein. Wie in verschiedenen Ländern der Welt heute auch noch üblich, war dies ein LKW-Fahrgestell mit einem Aufbau für den Personenverkehr. Damit wurde die erste Buslinie von Baukau nach Herne-Süd eingerichtet. Während die ersten "richtigen" Busse (anfangs noch mit Anhänger) von Krauss-Maffei kamen, wurde schnell die Maschinenfabrik Augsburg/Nürnberg - besser bekannt unter dem Namen MAN - Hauslieferant. Bis auf wenige Ausnahmen (je einem Fahrzeug von Magirus, Mercedes-Benz und NWF) wurden verschiedene Modelle von MAN bestellt. So wurde aus dem MAN SL 200 Wagen 60 im Jahr 1978 bereits der 100. MAN, 1987 mit dem MAN SL 202 Wagen 31 schon der 150. Bus aus gleichem Haus. Über die Jahrzehnte hinweg vergrößerte sich das Liniennetz durch Übernahme von Linien der BOGESTRA und Vestischen, mehr eigene Fahrzeuge und Personal waren auch der Grund für den Betriebshofwechsel im Jahr 1960 auf das heutige Grundstück.
Doch schon in den 1970er Jahren zeichnete sich aufgrund der stetigen Vergrößerung des Betriebes ab, dass der Neubau von 1960 längst nicht mehr ausreichte. Eine zügig geplante Bürogebäude-Erweiterung konnte 1976 in Betrieb gehen, eine Hallenerweiterung folgte 1979. Nach einer erneuten Fahrzeughallenerweiterung wenige Jahre später wurden keine Anbauten mehr vorgenommen, sondern vorzugsweise modernisiert. Permanente Verschärfungen von Vorschriften, u.a. im Feuer- und Umweltschutzbereich, sorgen immer wieder für Anpassungen. Der Wagenhallenkomplex 1 befindet sich architektonisch noch immer im Zustand der Erstinbetriebnahme. Nach nun mehr als 50 Jahren Standzeit stellt die Wagenhalle I mit dem leicht gewölbten Dach schon fast Kulturgut dar.
Die HCR hat sich im Laufe des technischen Fortschrittes der letzten Jahrzehnte mit Bedacht den Herausforderungen gestellt. Am Besten lässt sich das am Fuhrpark wiederspiegeln. Auch bis heute werden alle Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb eingesetzt. Dies ist das Ergebnis vergangener und regelmäßig stattfindender Überprüfungen. Neben den geographischen Gegebenheiten des Betriebsgebietes und den betriebstechnischen Aspekten führten die Prüfungen alternativer Antriebe auch dazu, dass sich letztlich (Erd-)Gas-Busse und Hybrid-Fahrzeuge (diesel-elektrisch) bislang nicht durchsetzten konnten. Die Einführung von Abgasrückführungssystemen für Dieselmotoren, verbesserte Partikelfilter im Rahmen von Euro 4, 5 und 6 - Normen und der Einsatz von Harnstoffen im Kraftstoff zeigten sich stets kostengünstiger und führten zum Vorzug dieser Antriebsart. Trotzdem wird die Entwicklung weiter intensiv beobachtet. Brennzellenantriebe, die in Teilen der Fahrzeugflotte bei der Hochbahn in Hamburg zum Einsatz kommen, waren auch in Herne im Testbetrieb. So wurde anlässlich der 100-Jahresfeier im Jahr 2006 der damalige Hamburger Bus 2373 Gast.
Der technische Fortschritt hat natürlich nicht nur den Wagenpark erheblich vorwärts gebracht. Die Optimierung von Betriebsabläufen, Betriebsorganisation und -prozessen hat durch den Einsatz von Computertechnik ab Mitte der 1980er Jahre teils drastische Änderungen, auch für das Fahrpersonal, gebracht. Die Einführung eines rechnergestützten Betriebsleitsystems (RBL), digitale Fahrgastinformationen und der digitale Funk waren nur Zwischenstationen von der "von-Hand-Verwaltung" zum papierlosen Betrieb. Naja, fast.
Nunmehr steht, ob der stetig steigenden Energiekosten, die Reduzierung des Kraftstoffverbrauches im Focus. Hier kommen seit geraumer Zeit technische Hilfsmittel zum Einsatz, die dem Fahrpersonal durch visuelle Anzeigen eine verbrauchsarme Fahrweise vorgeben sollen.
Zukünftige Herausforderung wird aber auch der bereits einsetzende demographische Wandel sein. Gerade in Herne und Castrop-Rauxel leben statistisch gesehen mehr ältere Menschen (gemeint: im Rentenalter) als vergleichsweise in anderen Großstädten. Bedürfnisse dieser Personengruppe sind insbesondere bei nachlassender Mobilität anders zu bewerten als bei Menschen jungen oder mittleren Alters.
Ein bedeutender Schritt für die nächsten Jahre ist daher auch mit diesem Hintergrund die Fortschreibung des Nahverkehrsplanes für Herne, um den Betrieb für die Zukunft gesichert aufzustellen. Nach einer fast 7-jährigen Beratungs- und Planungsphase ist der neue Nahverkehrsplan, einhergehend mit umfangreichen Änderungen im Busnetz, am 21.08.2017 in Betrieb gegangen.